Eine runde Sache ist er, der Erd- und Himmelsglobus. Seine eleganten Gravuren zeugen von künstlerischem Geschick und geben einen kleinen Vorgeschmack auf das, was sein Innenleben zu bieten hat.
Schlicht und doch elegant steht er da, der Globus des Christian Heiden. Unscheinbar ist er nicht gerade, doch seine Ausführung kommt ohne Schnörkel, mit seinen Delphinfüßen als einzigen dekorativen Elementen aus. Die eigentliche Besonderheit des Stücks verbirgt sich jedoch in seinem Inneren: Er ist ein Meisterwerk der Uhrmacherkunst. In gut zehn Zentimeter verbergen sich feine Gravuren und ein Uhrwerk, verbunden mit einem astronomischen Getriebe. Viel Können auf kleinstem Raum also!
Die Geschichte der Globen geht bis in die Antike zurück; bereits im zweiten Jahrhundert vor Christus ist ihre Verwendung erwähnt und der erste erhaltene Himmelsglobus stammt aus dem 2. Jh. nach Christus. In Europa aber begann die Hochzeit der Globen im 15. Jahrhundert – aus dieser Zeit stammt auch der erste erhaltene Erdglobus: Der des Martin Behaim.
Die Nachfrage war groß; insbesondere für die Seefahrt spielten die Erdgloben eine bedeutende Rolle und bereits im frühen 16. Jahrhundert wurden Verfahren zur Serienproduktion entwickelt. Jedoch waren Globen für jede Wunderkammer, für jedes fürstliche Kabinett Prunkstücke, die eigens in Auftrag gegeben wurden. So auch hier. Der Mathematiker Christian Heiden arbeitete für verschiedene Höfe und schuf 1570 dieses wunderbare Stück. Wie zahlreiche andere Objekte der Schatzkammer des Deutschen Orden gelangte auch er erst im Laufe der Zeit in die Sammlung: Über den Nachlass Erzherzog Maximilians III. von Österreich führte sein Weg in die Wiener Sammlung.
Zwei Halbkugeln aus vergoldetem Silber formen den Erdglobus, ihre Naht bildet zugleich den Äquator. Seine Karte ist fein graviert und weist auf die Erdgloben des Astronomen Johann Schöner als Vorbilder hin. An der Stelle, an der sich heute Australien befindet, hat Christian Heiden seine Signatur angebracht. Die nördliche Hemisphäre kann abgenommen werden, sodass die auf ihrer Innenseite angebrachten kalendarischen Zyklen zu sehen sind.
Im Innern des Erdglobus liegt sodann der Himmelsglobus aus Silber. Auch er besteht aus zwei zusammengesetzten Halbkugeln, deren Trennfuge die Sonnenbahn bildet. In einem Großkreis ist der Meridian angebracht, an der Stelle des Polarsterns befindet sich ein 24-Stunden-Zifferblatt. Die Himmelskugel und ihr Meridian-Großkreis sind innerhalb der südlichen Hemisphäre verschiebbar gelagert.
Die Sternbilder auf den Halbkugeln zeichnen sich durch ihre feine Gravur aus. In seinem Inneren ist dieser kleine Himmelsglobus mit nur knapp neun Zentimetern Durchmesser mit einem Uhrwerk ausgestattet, sodass er sich in 24 Stunden einmal um sich selbst bewegen kann. Sterne und Sternbilder gehen naturgetreu auf und unter. Diese Meisterleistung der Uhrmacherkunst war für das 16. Jahrhundert eine kleine Sensation. Gesteigert wird ihre Bedeutung noch durch die Genauigkeit des Sonnenlaufs, der den Stand der Sonne im Verhältnis zu den Fixsternen anzeigt. Damit wurde etwas dargestellt, das in der Natur nur während einer totalen Sonnenfinsternis sichtbar wurde!
Solche mechanischen Sonnenscheiben finden sich auch auf einigen anderen Globen dieser Zeit; einige Beispiele zeigt das Astronomisch-Physikalische Kabinett Kassel. Einzigartig dagegen ist der Mondzeiger des Wiener Exemplars. Zwar ist der Zeiger selbst abgebrochen, aber der Antrieb, der dafür sorgt, dass die unregelmäßigen Bewegungen des Mondes entlang der Sonnenbahn abgebildet werden, ist noch vorhanden. Ein ähnlich kompliziertes Getriebe befindet sich in einer Tischuhr, die der Uhrmacher Jost Bürgi für den Landgrafen von Hessen-Kassel angefertigt hat. Vielleicht zeichnete er sogar für das Getriebe im Wiener Globus verantwortlich, während das eigentliche Uhrwerk ein Werk Christian Heidens ist. Damit würde der Globus die Arbeit zweier bedeutender Uhrmacher des 16. Jahrhunderts in sich vereinen.
Noch drei weitere Globen, einer mit dem Abbild der Erde und zwei Himmelsgloben, finden sich in der Schatzkammer des Deutschen Ordens. Dabei handelt es sich ausschließlich um kartografische Darstellungen, die kein derart aufwendiges Getriebe besitzen. Mit seinem kompliziertem Uhrwerk und seinen feinen Gravuren stellt dieser doppelte Globus zwar ein Meisterwerk der Uhrmacherkunst dar, ist aber auch ein seltenes Kunstwerk, das vom kunsthandwerklichen Geschick der Uhrmachermeister des 16. Jahrhunderts zeugt.