Das Kunsthistorische Institut in Florenz/Max-Planck-Institut veranstaltet vom 3. bis 10. Oktober 2011 einen Studienkurs zum Thema "Familienrepräsentation und Heiligeninszenierung – Kapellen in Florentiner Kirchen vom 14. bis zum 17. Jahrhundert". Die Ausschreibung wendet sich an fortgeschrittene Studierende des Hauptstudiums, MagistrandInnen, DoktorandInnen sowie junge, promovierte KollegInnen. Die Teilnehmerzahl ist auf 14 beschränkt. Bewebungsschluss: 31. März 2011
Als ‚reich, konfus und extravagant’ beschreibt Francesco Saverio Baldinucci die 1694-96 errichtete Cappella Feroni in SS. Annunziata: Ihr Auftraggeber Francesco Feroni, der aus ärmlichen Verhältnissen stammend als Kaufmann in Amsterdam zu großem Reichtum gekommen war und unter Cosimo III. als Senator die Finanzen des Großherzogtums verwaltete, versuchte darin künstlerisch alles zu übertreffen, was an repräsentativen Familienkapellen in der toskanischen Hauptstadt vorher entstanden war.
Angefangen mit Giottos Kapellen für die Peruzzi und Bardi in Santa Croce gehören Familienkapellen spätestens seit dem 14. Jahrhundert zum festen Ausstattungsrepertoire Florentiner Kirchen. Zum Teil übertrifft die Berühmtheit bestimmter Kapellen gar die der sie behausenden Kirche, so im Falle der Kapellen Brancacci (Santa Maria del Carmine), Sassetti (Santa Trinita) oder Capponi (Santa Felicita). Seit dem späten 13. Jahrhundert überhaupt in Kirchen nachweisbar, waren die Gründe für die zunehmende Einrichtung von Familienkapellen zahlreich. Haupttriebfeder dürfte der Wunsch gewesen sein, das Seelenheil einer Familie, ihren Ruhm und ihre Memoria zu sichern. Im Unterschied zu profanen Unternehmen, wie dem Bau und der Ausstattung von Familienpalästen oder Gartenanlagen boten Familienkapellen die Möglichkeit, irdischen und himmlischen Ruhm zugleich zu mehren. Die durch das Phänomen ‚Familienkapelle’ ermöglichten subtilen Formen der Repräsentation und Inszenierung einzelner Familien sollen im diesjährigen Studienkurs unter medialen, funktions-, sozial-, kult- und architekturgeschichtlichen Fragestellungen näher in den Blick genommen werden. Der Bogen soll dabei von den frühen Kapellen des Trecento chronologisch geordnet bis hin zu den späten, römisch inspirierten Kapellen des 17. Jahrhunderts reichen, als deren Kulminationspunkt die oben erwähnte Cappella Feroni in SS. Annunziata sowie die Cappella Corsini in Santa Maria del Carmine betrachtet werden sollen.
Als Zäsur, gewissermaßen als Dreh- und Angelpunkt innerhalb der chronologischen Abfolge der Themen, soll ein kompletter Tag den Medici-Kapellen in San Lorenzo – der Alten Sakristei von Brunelleschi, der Neuen Sakristei von Michelangelo und der Fürsten-Kapelle – gewidmet werden.
Bei der Analyse der Kapellen bilden Fragen nach Funktion und Ausstattung, nach dem Verhältnis der drei Gattungen Malerei, Skulptur und Architektur zueinander sowie nach der Bedeutung der Wahl des Patroziniums den Ausgangspunkt der Diskussionen vor Ort. Es wird darüber hinaus zu fragen sein, ob die Kapellen jeweils mit Blick auf die Einrichtungen befreundeter oder befeindeter Familien entstanden und in einem räumlichen Verhältnis zu den jeweiligen Familienpalästen im Stadtraum stehen. Schließlich wird auch die Frage nach der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Familienkapellen innerhalb der Stadt zu stellen sein.
Das Institut übernimmt die Kosten der Unterkunft und vergütet die Hälfte der tatsächlich entstandenen Fahrtkosten. Zusätzlich wird ein Tagegeld gewährt.
Die Bewerbung soll neben dem Lebenslauf (mit Übersicht über den Studiengang) Zeugniskopien und ein Empfehlungsschreiben umfassen. Sollten noch keine Zeugnisse vorliegen, bitten wir um Kopien aussagekräftiger Leistungsnachweise im Fach Kunstgeschichte. Im Anschreiben sollte in einigen Sätzen das persönliche Interesse an der Thematik verdeutlicht werden.
Bitte senden Sie Ihre Unterlagen ausschließlich per E-Mail an Prof. Dr. Alessandro Nova, dirnova@khi.fi.it (mit dem Betreff „Studienkurs 2011“). Das Empfehlungsschreiben sollte mit demselben Betreff ebenfalls direkt per E-Mail an Prof. Nova geschickt werden. Die BewerberInnen erhalten bis Ende April einen Zulassungsbescheid.