Tagungen

Symposium: Kunst in den Medien: Standards und Perspektiven der Vermittlung, am 29. Januar 2011 in München

Modellen, Strategien und Funktionen medialer Kunstvermittlung widmet sich die vierte Veranstaltung im Rahmen des Kooperationsprojektes Philosophie:Kunst 2009-2011 der Kulturstiftung des Bundes und der Ludwig-Maximilians-Universität München. Im Mittelpunkt des Symposiums im Museum Villa Stuck steht die Reflexion über den aktuellen Stand der Kunstvermittlung und die Suche nach geeigneten Kriterien der Interpretation und Wertung.

Kunst ist heute so präsent in der Öffentlichkeit wie niemals zuvor. Nicht nur haben Museen ihr Vermittlungsangebot stetig ausgebaut, gerade auch die Medien übernehmen mit einer wachsenden Zahl an Zeitschriften, Internet-Portalen und Kultursendungen im Fernsehen und Hörfunk eine zentrale Rolle für die Kommunikation zwischen Werk und Betrachter.

Aus philosophischer Perspektive besteht die Kunst der Vermittlung darin, in der räumlichen Anschauung Gegebenes auf den Begriff zu bringen, eine Sprache zu finden, die Künstler und Werk gerecht wird. Nicht immer gelingt das, oft bleibt Kunst für ein weniger erfahrenes Publikum schwer verständlich.

Auch die von der Kunstwissenschaft vielbeschworene „Entgrenzung der Künste“ gibt Anlass, die Modelle der Kunstvermittlung zu überprüfen und ihre Bewertungskriterien aus verschiedenen Blickwinkeln zu analysieren. Der Forderung nach einer methodisch erweiterten Kunstbetrachtung und -vermittlung steht die Tradition der Kunstkritik als exklusiver Kreis von Experten gegenüber. Ansätze, die das Modell des connaisseurhaften Spezialistentums durchlässig machen für andere Vermittlungskonzepte, scheinen insbesondere im Bereich der Gegenwartskunst rar. Interpretation und Bewertung werden nicht selten von den Maximen des globalisierten Kunstmarktes diktiert, weniger von unabhängigen Standards der Erklärung.

Vorträge

Warum es so schwer fällt, etwas über Kunst zu sagen, Prof. Dr. Gottfried Gabriel, Friedrich-Schiller-Universität Jena

"Ein Bild sagt mehr als tausend Worte", so sagt man. Tatsächlich sagt ein Bild aber gar nichts, sondern es zeigt etwas, allerdings vielleicht mehr als tausend Worte sagen könnten. Angesprochen ist damit der bekannte, in seinen Konsequenzen aber zu wenig bedachte Umstand, dass Bilder selbst - abgesehen von ihren Titeln - ohne Worte sind. Dies trifft auch auf die meisten anderen Kunstwerke von der Skulptur bis zur Installation zu. Die Vermittlung von Kunst durch Sprache ist demgemäß mit einem Medienwechsel verbunden: In der räumlichen Anschauung Gegebenes soll auf den Begriff gebracht werden. Anschauung und Begriff folgen aber unterschiedlichen Logiken. DerVortrag analysiert die Schwierigkeiten, die sich aus dieser kategorialen Differenz für den Kunstdiskurs ergeben. Besondere Beachtung findet vor diesem Hintergrund die Konzeptkunst, die den Unterschied zwischen Wort- und Raumkunst zum Thema macht und eineBrücke zwischen beiden schlägt.


Nur für Kenner – Malereispezialisten und ihr Gegenstand, Prof. Dr. Isabelle Graw, Städelschule für Bildende Kuns Frankfurt a. M.

Expertentum ist in der bildenden Kunst traditionell eine Frage von persönlichen Kontakten und privilegiertem Zugang zur künstlerischen Produktion gewesen, wie ich mit Verweis auf die frühen Malereiexperten des 15. und 17. Jahrhunderts wie Leon Battista Alberti oder André Félibien in einem ersten Schritt aufzeigen werde. Dass der schon damals zu konstatierende Mangel an Unparteilichkeit Vor- und Nachteile hat, darauf wird ebenfalls einzugehen sein und dies auch im Hinblick auf die aktuellen Bedingungen eines "vernetzten Kapitalismus" (Luc Boltanski/Eve Chiapello), der Kommunikation und Kontakte zur höchsten Tugend erklärt. In einem weiteren Schritt wird diese prinzipielle Nähe des Kunstspezialisten zum Leben des Künstlers als symptomatisch für eine Personalisierung angesehen, die schon in den Anfängen der Kunstgeschichte ausgeprägt war und mit der wir es heute wieder verstärkt zu tun haben. Kunstspezialist zu sein hieß im Kunstbereich jedoch lange Zeit, Malereispezialist zu sein, da Kunst ausschließlich mit Malerei identifiziert wurde. Trotz der Enthierarchisierung von Gattungen und Medien, die sich im Zuge der Moderne vollzog, hält sich im Kunstbereich bis heute die Vorstellung, dass es für die Einschätzung von Malerei eines connaisseurhaften Spezialwissens bedürfe. In einem letzten Schritt werde ich deshalb dem Zusammenhang zwischen der diesem Medium oft nachgesagten "Lebendigkeit" und dem Fokus zahlreicher Malereispezialisten auf Lebensbedingungen und Intention des Künstlers nachgehen. Und zuletzt gilt es die Frage zu erörtern, ob es angesichts der derzeit vielbeschworenen Entgrenzung der Künste überhaupt noch eines malereispezifischen Expertenwissens bedarf.

Höherer Stuss oder Anleitung zum Genuss? - Zwei Modelle der Kunstvermittlung, Prof. Dr. Oliver R. Scholz, Westfälische Wilhelms-Universität Münster

In dem Vortrag werden zwei Modelle der Kunstvermittlung idealtypisch beschrieben und einander gegenüber gestellt.
(I) Der erste Typus des Vermittlers verdient den Namen nicht; er möchte primär von sich reden machen. Das Kunstwerk dient ihm nur als zufälliger Anlass. Er gibt sich allwissend und kongenial bis genial; so stellt er sich neben oder sogar über den Künstler. Um zu imponieren und sich der Kritik zu entziehen, redet er unverständlich. (Beispiele werden zur Erheiterung verlesen.) Da sein Auftreten geeignet ist, redliche Leute abzuschrecken, droht die Gefahr, dass diese sich auch von der Kunst abwenden.
(II) Der zweite Typus versteht sich als Diener der Kunst und des Kunstbetrachters. Er gibt auf der Grundlage langer Erfahrung Winke, die auf Beschaffenheiten der Kunstwerke aufmerksam machen, die weniger erfahrenen Kunstbetrachtern nicht leicht zugänglich sind. Er gibt sich fehlbar und ist für Kritik offen, um selbst weiter zu lernen. Er redet verständlich, da ihm bewusst ist, dass man selbst nur höchstens soviel verstanden hat, wie man verständlich vermitteln kann.

Köpft den Boten! Oder: Wenn Betrachter Betrachter betrachten, Holger Liebs, Kunstmagazin Monopol Berlin

Die Protagonisten auf dem Feld der Kunstkritik sind in den vergangenen Jahren vermehrt dazu übergegangen, sich selbst anstatt ihres eigentlichen Hauptgegenstandes, der Kunst, zu beobachten und zu beurteilen. Konstatiert wird ein Verschwinden bzw. der Bedeutungsverlust der Kunstkritik. Ist der Kulturpessimismus angebracht? Untersucht werden soll, ob, wie, und wenn ja, warum sich Entstehungsbedingungen, Kriterien und Adressat der Kunstkritik verändert haben.

Ist Kunstvermittlung überhaupt noch notwendig?, Prof. Dr. Karlheinz Lüdeking, Universität der Künste Berlin

Angesichts der Tatsache, dass es noch nie so viele Kunstzeitschriften, so viele verschiedene Kultursendungen im Fernsehen und so viele Internet-Angebote mit Informationen über die verschiedenen Künste gab wie heute, mag es vielleicht abwegig erscheinen, die Frage zu stellen, ob das alles überhaupt noch notwendig ist. In einem strengen Sinne wäre Kunstvermittlung jedoch nur dann notwendig, wenn ohne sie zwischen der Kunst und dem Publikum nur eine Beziehung von wechselseitigem Unverständnis oder gar grundsätzlicher Feindschaft bestünde. Das ist, anders als noch vor wenigen Jahrzehnten, gegenwärtig aber gar nicht mehr der Fall. Dass Kunstvermittlung in den Medien dennoch nicht verkümmert, sondern – im Gegenteil – eine weiter wachsende Präsenz gewinnt, lässt sich nur erklären, indem man einen tiefgreifenden Funktionswandel diagnostiziert.

Weitere Informationen

Die Tagung findet von 10:00 Uhr bis 19:00 Uhr im Museum Villa Stuck statt. Der Eintritt ist frei.

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