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Jürgen Döring: Phantasie an die Macht. Politik im Künstlerplakat, Hirmer Verlag 2011

Plakate erzählen vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zu Robert Indianas Entwürfen für Barack Obama eine Geschichte der Proteste, des Engagements für Freiheit und Menschenrechte, der Forderung nach Gleichheit und Toleranz. Elena Korowin hat sich den interessanten Katalog angesehen und das Zeitgeschehen aus dem Blickwinkel der Künstler des 20. Jahrhunderts betrachtet.

»Phantasie an die Macht!« war der Aufruf von Pierre Soulages anlässlich der Pariser Studentenaufstände 1968 und andere Künstler pflichteten ihm bei. Mit Phantasie als größter Waffe kämpften viele Künstler gegen Krieg, Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung, für eine bessere tolerantere Welt und gleiche Rechte. Das Künstlerplakat sollte diese Vorhaben unterstützen. Ihre Höhepunkte hatte die junge Gattung vor und während der Oktoberrevolution in Russland und gegen Ende der Sechziger Jahre in Europa und den USA. In Spanien setzten sich Joan Miró und Antoni Tápies voller Patriotismus für die Befreiung Kataloniens ein, in anderen Teilen der Erde bemühten namhafte Künstler ihre Kreativität für den Frieden in Südafrika und Vietnam oder für die Studentenproteste.

Ein Klassiker des Künstlerplakats ist die Friedenstaube der internationalen Friedenskongresse, die von Pablo Picasso nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in vielfachen Variationen gestaltet wurde. Aber längst nicht alle Entwürfe feierten solche Erfolge, denn zu oft waren und sind die Arbeiten der Künstler zu sperrig und zu kompliziert für das Medium Plakat. Die Plakate von Joseph Beuys für die Grüne Partei wurden dankend abgelehnt, weil sie für den Wahlkampf weniger geeignet erschienen als die bunten Kinderbilder eines Grafikbüros.

Der Katalog dokumentiert umfassend die Ausstellung, die bis zum 13. Juni 2011 im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg gezeigt wird. Der Großteil der Ausstellung wurde aus der Sammlung Claus von der Osten zusammengestellt und in sechs unterschiedliche Sektionen unterteilt, wobei die Übergänge dieser Themen ineinander oft fließend sind. Revolution und Frieden, Protest, Freiheit, Umwelt, gleiche Rechte und Globalisierung – das sind die Schlagworte, die die Künstler von Anfang des 20. Jahrhunderts bis zum heutigen Tag bewegen. Das Künstlerplakat ist eine lebendige Gattung, die ihren Tribut fordert und erstaunlich viele Werke dieser Ausstellung sind höchst aktuell. »No central Nuclears« von Antoni Tápies aus dem Jahr 1979 oder Keith Harings »Plakat für atomare Abrüstung« von 1982 sprechen für sich.

Der Katalog gibt die Logik der Hamburger Ausstellung mit den einzelnen Themenblöcken und Einleitungstexten sehr gut wieder und bietet dazu schöne und große Abbildungen. Besonders gut bedacht sind in diesem Katalog die kleinen Erläuterungstexte, die die Entstehungsgeschichte nahezu aller Ausstellungsobjekte wiedergeben.

Weitere Informationen

Die Ausstellung ist unter dem Titel »Phantasie an die Macht. Politische Künstlerplakate von Kollwitz bis Rauschenberg« vom 8. Juli bis zum 25. September 2011 ebenfalls in der Galerie Stihl Waiblingen zu sehen. Dort kann auch der Katalog erworben werden.

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