Rezensionen

Robert Fleck/Heinz Mack: Mack: Malerei. Hirmer

Das Licht ist bei Heinz Mack nicht nur Inbegriff und Ausgangspunkt seiner Malerei, sondern Träger einer Spiritualität, die sich im Ungegenständlichen zeigt, das Ungegenständliche kündet von einer eigenen Erlebniswelt. In diesem Sinne zeigt sich in den Bildern die Aura einer fast religiösen Wende, die seine Malerei bestimmt und die Mack an sein Publikum weitergibt. Dabei hat der Künstler eine dem Bild eigene Sprache entwickelt, die von einer unbekannten Welt der Farbe ausgeht. Melanie Obraz hat sich der aktuellen Publikation aus dem Hause Hirmer mit Begeisterung gewidmet.

Cover ©Hirmer Verlag
Cover ©Hirmer Verlag

Der reich angelegte Bildband über die Malerei des Künstlers, weckt sowohl das Interesse der erfahrenen wie auch der völlig neuen Betrachter:innen der Kunst von Mack.
Denn: Farbe ist für Heinz Mack (*1931) das Entscheidende überhaupt und spannt so mit Leichtigkeit den Bogen zu dem Thema in diesem Buch – der Malerei. Farbe ist Dynamik und öffnet Perspektiven, die die Welt des Sichtbaren wie die des Unsichtbaren umfassen. So zeigen es seine Gemälde. Verständlich also, dass Schwarz in den Bildwerken von Mack seltener vertreten ist. Doch vor allem ist es die Strenge des Ungegenständlichen, die für ihn den Reichtum und die ungeheure Dimension des Geistigen veranschaulicht.

Mack beweist, dass die Reinheit der Farben in der Lage ist, einen Akkord zu spielen aus dem sich wiederum ein ganzes Konzert erspannen kann. Harmonie ist ihm ein Anliegen. Ebenso die Schönheit. Die exponiert seelische Dimension durchströmt all seine Malereien und erfasst die Situation in radikaler Weise. Denn es geht um das Empfinden der Farbe, die sich in einem Urzustand den Betrachtern:innen präsentiert. So gelangt die Farbe, aufgrund ihrer Intensität, direkt zum Innerseelischen des Menschen. Heinz Mack kommt es auf das Grundsätzliche der Kunst an und wie jene zu einer Explosion von Energie im Geistigen führt. Die Dimension des Universums wird so mit dem Couleur expliziert und verdeutlicht, denn Farben sind etwas Grenzenloses, von allem Losgelöstes. Die von ihm kreierten feinsinnigen Farbklänge erzeugen dabei eine Vibration, die sich auf die Rezipienten:innen übertragen.

Heinz Mack_Ohne Titel 2014
Heinz Mack_Ohne Titel 2014

Auch hier macht der deutsche Bildhauer, Maler und Mitbegründer der international einflussreichen ZERO-Gruppe letztlich das Licht sichtbar. Den Betrachtern:innen wird so originär ein Moment des Einmaligen offeriert. Die Farbe weist auf einen offenen Raum hin, in welcher die Energie des Unendlichen bestimmend ist. Die Seele der Farbe wird bei Mack zum Thema. Jeder Blick ist wieder mit einem erneuten Erlebnis verbunden. Das Publikum gelangt dadurch auf die Ebene des Kunstphilosophischen und erweitert damit stetig die spirituelle Reichweite der Bilder. Neben ganzseitigen Farbabbildungen der Gemälde Macks zeigt das Buch auch Skulpturen des Künstlers, die auf maurische Vorbilder verweisern und deren Stelen vom Leben erzählen, sich dem Himmel annähern und in die Sphäre des Geistigen vordringen.

Deutlich wird, dass die Gemälde von einer Atmosphäre der Couleur getragen werden. Es ist ein Spiel der Pastellfarben, ja aller Farben. Obwohl der Maler die Farben separiert und so das Schwarz nie mit dem Roten, Gelben, Grünen, Blauen in einem Bild im zerfließenden Übergang zeigt, scheinen die Farben zu neuem Leben erwacht und übertragen diese Aura ins Räumliche. Die Betrachter:innen seiner Werke werden sogleich durch die Direktheit der Bildaussagen angesprochen und treten mit dem Bildkörper unweigerlich in Beziehung. Das Besondere ist, dass die Farben teilweise miteinander verzahnt sind, ohne eine direkte fließende Undeutlichkeit zu suggerieren. Sie stehen in einer Koexistenz und versprühen jeweils ihre spezifische farbeigene Aura.
Dabei entsteht der Eindruck, als ob ein Gespräch zwischen den Farben stattfindet.

Heinz Mack_Ohne Titel 2021_22
Heinz Mack_Ohne Titel 2021_22

Anschaulich gelingt es dem Autor Robert Fleck eine Verbindung zum Künstler herzustellen, auch da Heinz Mack persönlich Auskunft über seine Interessen gibt und verdeutlicht, dass er „einer ungegenständlichen Malerei, die der Natur nicht feindlich gesinnt ist, (…) die keinem Programm, keinem System folgt, in der aber Ordnungsstrukturen eine Bildtektonik zeigen,“ im Besonderen verbunden sei. Die Natur ist ihm „ein Fluidum der Stimmung“. Bei all dem steht die eindrucksvoll in Szene gesetzte Schau der Farbe im Zenit wie es z.B. die Exponate „Prima Vera“ und „Blue Sky“ kennzeichnen.
Ein Kapitel mit dem Titel: „Punkt Linie Fläche Raum“ erinnert schon in der Wortwahl an Paul Klee, dem in diesem Buch besondere Aufmerksamkeit zu Teil wird. So etwa in der Gegenüberstellung der Werke „Kleine Vignette an Ägypten“ von Klee und dem Bild „My Family“ von Mack, deren sternenartig gemalte Bildelemente keine zufällige Verbindung darstellen, oder wie Paul Klees Aussagen verdeutlichen: „Diesseitig bin ich gar nicht fassbar…“ bzw. „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern Kunst macht sichtbar“.

Heinz Mack_Ohne Titel 2008.jpg
Heinz Mack_Ohne Titel 2008.jpg

Wie sehr das Thema Farbe den Zenit der Kunst bei Mack versinnbildlicht, zeigt der Titel eines seiner Bildwerke: „Dialog zweier Farben über eine dritte Farbe.“ Besonders bemerkenswert ist deshalb ein Bild in monochromem schwarz-weiß sowie eine vergleichbare Arbeit in Farbe (beide aus dem Jahr 2019), da in beiden Versionen die Dynamik des Wirbels und die Unendlichkeit in ähnlicher Weise aufscheinen. Die Betrachter:innen können so die Konfrontation zwischen Nichtfarbigkeit und Farbigkeit eindrucksvoll spüren.

Herausragend ist auch der Bildvergleich mit anderen Werken der Kunstgeschichte, darunter dem Sieneser Duccio di Buoninsegna und Fra Angelico, einem bedeutenden Vertreter der italienischen Frührenaissance. Mack war bestrebt alles zu vergleichen, ohne jedoch die Kriterien der Kunstgeschichte anzuwenden. Deshalb ist das Voraussetzungslose ein bestechender Aspekt. Soll heißen: Jeder Mensch ist von Mack aufgerufen, die Kunst des Ungegenständlichen zu erkunden.

Heinz Mack, Großes Spektrum, 2012, Archiv Mack
Heinz Mack, Großes Spektrum, 2012, Archiv Mack

Titel: Mack: Malerei
Autoren: Robert Fleck, Heinz Mack
Verlag: Hirmer 2023
280 Seiten, Deutsch
214 Abbildungen in Farbe
ISBN: 978-3-7774-4058-3

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