Buchrezensionen

Christian Saehrendt: Kunst im Kampf für das »Sozialistische Weltsystem«. Auswärtige Kulturpolitik der DDR in Afrika und Nahost, Franz Steiner Verlag 2017

Kunst im Kampf – ein brachialer Titel für ein weitgehend vergessenes Kapitel deutscher Kulturpolitik. Doch tatsächlich gibt er nur die Sprachrethorik der Kulturpolitik im Kalten Krieg wieder. Christian Saehrendt hat in seiner Studie nun die Geschichte der auswärtigen Kulturpolitik der DDR in Afrika und im Nahen Osten aufgearbeitet. Spunk Seipel hat sich in das spannende Thema vertieft

Die DDR hatte nach ihrer Gründung keinen leichten Stand. International war sie weitgehend isoliert und wurde von vielen Staaten nicht anerkannt. So sahen die Politiker des Staates so wie die anderer sozialistischer Länder auch in den Befreiungsbewegungen und den neu gegründeten Staaten eine Chance diese Isolation aufzubrechen. Saehrendt gelingt es in wenigen Sätzen nicht nur die Situation und die Ziele der DDR darzulegen, sondern auch die politische Situation in den jeweiligen Staaten zu erläutern, so dass sich auch all jene, die sich mit der Geschichte der afrikanischen Staaten und des Nahen Ostens nicht auskennen, leicht in das Thema einarbeiten können.

Aber nicht nur völkerrechtliche Interessen bedingten das Handeln: Man suchte nach Möglichkeiten günstig Rohstoffmärkte zu erschließen und nicht zuletzt das sozialistische Weltbild zu verbreiten. Der Kalte Krieg wurde natürlich auch im Nahen Osten und Afrika geführt und Sozialismus wie Kapitalismus versuchten ihre Einfluss-Sphären in den Regionen erheblich zu erweitern. Die Sowjetunion gab dabei die Richtlinien vor, welcher Staat des Warschauer Paktes sich besonders um welches Land in Afrika zu bemühen habe. Kultur wurde zur dritten Säule der Diplomatie, neben der Außen- und der Wirtschaftspolitik.

Doch die jungen afrikanischen Staaten waren gar nicht so leicht beeinflussbar, wie man sich das gedacht hatte. Gerade in Westafrika erlebte die DDR große Enttäuschungen, denn die jungen Staaten brachen die Kontakte zur ehemaligen Kolonialmacht Frankreich eben nicht radikal ab. Für die kleine sozialistische DDR gab es kaum Möglichkeiten Einfluss auf ihre Politik zu nehmen. Ein Muster, dass sich in ganz Afrika wiederholte, denn die Staatschefs wollten sich nun einmal nicht auf eine Seite festlegen und entglitten schnell der Einfluss-Sphäre der DDR. Zu groß waren die Anreize, die der Westen bot, wie Christian Saehrendt deutlich macht.

Besonders aber in der Kulturpolitik tat sich die DDR schwer. Ihr stand zum Einen ein sehr geringes Budget für ihre Kulturpolitik im Ausland zur Verfügung, zum anderen gab es kaum geeignetes Personal, das den Austausch befördern konnte. So manches Projekt scheiterte schon an den mangelnden Sprachkenntnissen der DDR-Künstler. Wie deutlich wird, wurden afrikanische Kulturschaffende aber auch selten als gleichwertige Partner ernst genommen. Es gab jedoch auch grundlegende Probleme in Afrika. Eine Infrastruktur für Ausstellungen zum Beispiel existierte in kaum einem afrikanischen Land. Daher schickte die DDR oft nur Kunstdrucke statt der Originale für Ausstellungen. Auch die Resonanz bei der Bevölkerung blieb gering. Es gab noch keine ausgeprägte Kunstszene nach europäischen Maßstäben, so wie wir sie heute von Afrika kennen. Die DDR bemühte sich gleichzeitig aber auch nicht darum, solch eine Infrastruktur aufzubauen: kein Ausstellungshaus, keine Kunstschule wurde von ihr gegründet oder zumindest gefördert.

Der Staat hatte es erkennbar schwer mit dem, was wir heute kulturelles Nation-Branding nennen. Es gab wenig Geld, um als potenter Partner aufzutreten und auf der anderen Seite der Diplomatie wenig Interesse seitens der jungen Staaten in Afrika. Die Menschen hatten zumeist andere Sorgen, andere Traditionen und aufgrund der Kolonialpolitik bislang keinen Zugang zu europäischer Kultur. Die Kulturpolitik der DDR zeigte sich als unfähig auf diese besonderen Bedingungen einzugehen, da sie ja selbst im eigenen Land mit ihrer doktrinären Haltung für Stillstand statt Aufbruch sorgte. Für Kultur neben der Propaganda blieb wenig Raum. Eigeninitiativen von Einzelpersonen oder Gruppen für einen intensiveren Kulturaustausch wurden misstrauisch beäugt und zumeist unterbunden.

Etwas besser erging es der DDR bei der Unterstützung der Befreiungsbewegungen. Aber auch hier waren die Afrikaner oft pragmatisch und die SWAPO-Partei in Namibia nahm zum Beispiel die Unterstützung sozialistischer Länder ebenso an wie die westlicher Hilfsorganisationen. Alleiniger Partner so wie man sich das erhoffte, wurde man auf diese Weise nie. Der Sozialismus besaß zu wenig Anziehungskraft, es sei denn seine autoritären Staats- und Wirtschaftsstrukturen für die Machthaber, die bis heute weite Teile Afrikas prägen und viele Entwicklungen ausbremsen.

Auch der Austausch zwischen den Künstlern selbst verlief sehr einseitig. Nur sehr wenige Künstler aus der DDR bekamen Stipendien für Studienreisen nach Afrika, umgekehrt wurden ebenfalls nur sehr wenige afrikanische Künstler ins Land eingeladen. Afrikaner wurden in der DDR einfach nicht als ernstzunehmende kulturelle Partner wahrgenommen! Die Begeisterung der DDR-Künstler für dunkelhäutige Menschen war daher bei den wenigen internationalen Ereignissen in der DDR deutlich spürbar und führte zu einer Reihe klischeehafter Darstellungen von Afrikanern.

Ein regerer Austausch auf kultureller Ebene gelang der DDR im Nahen Osten, vor allem mit dem Irak und der PLO. Ägypten und Syrien fingen dagegen schon früh an, sich dem sozialistischen Block zu entziehen. Allerdings gab es vor allem aus Syrien Kunststudenten, die in der DDR studierten und einige blieben sogar im Land. Auch der Austausch von Ausstellungen mit Syrien war ungewöhnlich intensiv.

Gerade im Umgang mit der Politik im Irak zeigt sich die jedoch Widersprüchlichkeit der DDR. Solidaritätsbekundungen mit Künstlern der verbotenen kommunistischen Partei im Irak blieben trotz zahlreicher Bitten aus: Die Öllieferungen aus dem Land waren wichtiger. Die Zusammenarbeit mit der PLO, gerade auch auf kultureller Basis, wurde hingegen instrumentalisiert, um einen Gegenpol zur israelfreundlichen Politik der BRD zu formen. Dies nahm zuweilen gar antisemitische Züge an, war aber gemessen am künstlerischen Austausch eine der fruchtbarsten Aktivitäten der DDR-Kulturpolitik im Ausland. Hier hatte vor allem auch die PLO ein großes Interesse an einer Zusammenarbeit, da sich die in vielen Ländern als Terrororganisation kompromittierte Organisation auch ein kulturelles Renommée aufbauen wollte. Wer von dem Austausch letztendlich mehr profitierte, ist daher fraglich.

Wenig Erfolg war der DDR auch in der afroamerikanischen Gemeinschaft in den USA beschieden. Das sozialistische Weltbild stieß hier kaum auf Gegenliebe, bis auf sehr wenige Ausnahmen. Radikalere Bewegungen wie die Black Panther waren für viele Afroamerikaner deutlich attraktiver als das gesellschaftliche Modell der DDR.

Saehrendt ist es gelungen die weitgehend vergeblichen Versuche der DDR, mittels Kulturpolitik eine gewichtigere internationale Stellung zu erringen, aufzuzeigen. Seine Studie ist eine grundlegende Abhandlung über ein Kapitel der DDR-Geschichte, das erst langsam wiederentdeckt wird und doch so viel über die Gesellschaft und die Politik dieses Staates aussagt. Saehrendt geht in seinem Buch selbstverständlich nur am Rande auf die Kulturpolitik der BRD ein, jedoch wäre eine ausführlichere Gegenüberstellung der verschiedenen Konzepte von Kulturpolitik spannend. Wie aus jeder guten historischen Analyse lassen sich auch aus diesem Buch zahlreiche Schlüsse für die heutige Kulturpolitik ziehen. Es ist ein Buch, dass für all jene zur Pflichtlektüre werden könnte, die sich heute mit der Kulturpolitik in Entwicklungsländern auseinandersetzen.

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