Ausstellungsbesprechungen

Die Liebe ist ein seltsames Spiel – Liebesgeschichten von Klinger bis Picasso, Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen, bis 10. Juli 2011

Die Liebe - sie umfasst die Sehnsucht und den Rausch des Glücks ebenso wie die Eifersucht und das quälende Leid. Die Städtische Galerie in Bietigheim-Bissingen präsentiert unter diesem Thema Grafiken vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1960er Jahre und legt die unterschiedlichen künstlerischen Vorstellungen von der Liebe innerhalb der Stilrichtungen und anhand bedeutender Positionen dar. Günter Baumann hat sich mit dieser Liebesrevue beschäftigt.

Die Liebe ist ein dankbares wie undankbares Thema für eine Kunstausstellung. Zum einen liefert die Kunstgeschichte eine satte Vorlage: Es gab kaum eine Zeit, in der die Liebe nicht Thema gewesen wäre – in religiösen Zeiten blieb noch die Liebe zu Gott, in prüden Jahrhunderten gab es einen lebhaften Untergrund, und ansonsten ließen die Künstler keine Fragen offen. Die Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen zeigt in ihrer aktuellen Ausstellung die Liebe als seltsames Spiel, das weniger tiefschürfend als schlagwortartig daher kommt: Der Titel bezieht sich auf einen alten populären Schlager, den man merkwürdigerweise, bei – oder trotz – aller Banalität, heute noch im Ohr hat. Die zugrundliegende Schau hieß noch lapidar »Liebesgeschichten« (der nun in den Untertitel gerutscht ist), die vom Sprengel Museum Hannover im vergangenen Jahr präsentiert wurden; der damalige Untertitel hatte es in sich und versprach »Sehnsucht, Hingabe und Erfüllung«. Bildet die Sprengel-Schau den Kern der Ausstellung in Bietigheim-Bissingen, hat man dort noch das Schwergewicht auf die Grafik verstärkt – ein Tribut an die eigenen Sammlungsgewichte.

Falsch kann man da eigentlich nichts machen. Die Liebesrevue bewegt sich auf historischen Bahnen von Max Klinger über Henri Toulouse-Lautrec bis hin zu dem hier natürlich unvermeidlichen Pablo Picasso und schließlich zu wahrlich hinreißenden Arbeiten von Niki de Saint Phalle und Richard Lindner, die – wenn man einen radierten »Umarmungs«-Knäuel oder ein obszön-aggressives Blatt von André Masson dazu nimmt – durchaus signalisieren, dass die harmlose Schlagerschlüpfrigkeit weit überschritten wird. Die Liebe mag seltsam sein, aber grade da, wo das Animalische oder auch Tiefenpsychologische durchscheint, wird es mitunter menschlich gefährlich (oder sogar gefährlich menschlich). Das ist spannend und in der Auswahl auch facettenreich präsentiert - HAP Grieshaber bringt neben der holden Zweisamkeit (»Paar«) auch gleich die Trennung (»Scheidung«) mit ins Spiel, und auch die lesbische Liebe wird nicht ausgespart oder der Straßenstrich. Doch all das ist so überzeugend, wie es auch zeigt, dass man dem Thema schwerlich neue Aspekte hinzufügen kann. Es fragt sich dabei nur, ob der Betrachter hier undankbar ist oder das Sujet, das uns alltäglich durch die Medien keucht und flunkert. Dennoch ist es einfach schön, bekannten Künstlern mit einschlägigen Arbeiten zu begegnen, und sei es - in der verbleibenden Zeit der Ausstellung - auch nur, um sich auf die kommende Schau einzustimmen, die nun wirklich einen grellen und nahezu unbekannten Blick auch auf die Liebe verspricht: »Power Up! Female Pop Art«, ab Ende Juli.

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