Kataloge, Rezensionen

Heinz Kroehl (Hg.): The Art of Writing/Bilder werden geschrieben, Kehrer Verlag 2011

In einer faszinierenden Gegenüberstellung präsentiert das Projekt »The Art of Writing« größtenteils aktuelle Positionen der künstlerischen Avantgarde in Japan, China, Korea und Ländern wie den Irak, Iran, Syrien, Palästina, Ägypten, den Emiraten, Marokko oder Algerien, wo das Schreiben als "Mutter aller Künste" gilt. Anne Levke Vorbeck hat sich die Sache für PKG näher angeschaut.

Die Verbindung von Schrift und Bild ist in den vergangenen Jahren immer mehr in den Fokus des kunsthistorischen Interesses gerückt. Zahlreiche Publikationen und Ausstellungen befassen sich mit der Schrift als visueller Sprache und ihrer Verwendung in der bildenden Kunst.

Der Katalog »Bilder werden geschrieben/ The Art of Writing. Gegenwartskunst aus drei Weltkulturen« zur gleichnamigen, bereits vergangenen, Ausstellung in Wiesbaden dokumentiert umfassend das Phänomen der Schriftkunst in Asien, Europa und der arabischen Welt. In sieben Beiträgen gehen namhafte Autoren verschiedenen Aspekten und regionalen Besonderheiten der Schreibkunst nach.

Die einzelnen Abschnitte des Kataloges sind nach den topografischen Gebieten geordnet, wobei die Kapitel zur asiatischen Kunst über die Hälfte des Kataloges einnehmen und der europäischen Kunst ein relativ kleiner Teil gewidmet ist. Drei Beiträge befassen sich mit der asiatischen Schreibkunst, wobei deutlich wird, dass die Kalligrafie in Asien auf eine jahrtausende alte Tradition zurückblicken kann. Die Geschichte der Kalligrafie wird nachgezeichnet und es wird der Versuch unternommen, die verschiedenen Arten der Schreibkunst zu kategorisieren.

Mit den Schrift-Bild-Beziehungen in der europäischen Kunstgeschichte setzen sich zwei Autoren auseinander. Im Gegensatz zur uralten Tradition der Schriftkunst in Asien wird hier deutlich, dass die Schrift als etabliertes Bildthema in Europa erst mit der Moderne und ihren gattungsüberschreitenden Tendenzen auftaucht. Besonders erhellend ist der Beitrag von Christoph Zuschlag, der einleitend der Verwandtschaft von Zeichnen, Malen und Schreiben nachgeht. Als Beispiel aus dem Bereich der klassischen Moderne wird Paul Klee herangezogen. Dieser habe stets eine starke Affinität zu Handschriftlichem gezeigt und sich von verschiedenen Schriftkulturen inspirieren lassen. Weiterhin sei das Skripturale ein Wesenszug des Informel, in dem sich der starke Einfluss der Schriftkunst Ostasiens zeige. Der rege Austausch, der insbesondere in den 50er Jahren geschehen sei, wird am Beispiel von Morita Shiryû und K.O. Götz aufgezeigt. Während die Texte sich umfassend mit dem Phänomen der Schrift in der bildenden Kunst auseinander setzen und zahlreiche Beispiele liefern, konzentriert sich die Ausstellung auf den Bereich des Informel. Hier hat man sich wohl auf Grund der unüberschaubaren Fülle von Kunst, die mit Schriftzeichen operiert, auf einen Zeitraum begrenzen müssen.

Das überaus interessante und informative Kapitel zur arabischen Schriftkunst macht deutlich, wie sehr sich die Vielfalt von Kulturen, Ethnien und Religionen in dieser Kunstgattung widerspiegelt. So sieht Claus-Peter Haase bei dem Griff zur Schrift in der arabischen Welt eine tiefere Bedeutung verankert als in der westlichen Kunst. Während er auch profane Verwendungsformen der Schriftkunst aufzeigt, tritt die enge Verbindung von Kalligrafie und Religion bei Karin Adrian von Roques in den Vordergrund. Diese sei auch heute noch oft spürbar, wobei die zeitgenössischen Künstler formal durch den Gebrauch von anderen Schreibgeräten oder Farben mit den strengen Regeln brächen.

Der Katalog führt das breite Spektrum der zeitgenössischen Schriftkunst vor Augen und thematisiert den künstlerischen Austausch zwischen den unterschiedlichen Kulturen auf interessante Weise. Ein Minuspunkt ist, dass es kaum Abbildungen am Rand der Texte oder Bildverweise gibt, die geholfen hätten die vielen fremdländischen Namen schneller zuzuordnen. Des Weiteren ist die Bibliografie, die zwar einige Standardwerke nennt, aber in Anbetracht dieses umfangreichen Themas ansonsten sehr mager bleibt, etwas enttäuschend.

Dennoch: der Katalog behandelt umfassend ein Thema, das im gegenwärtigen Diskurs immer mehr in den Vordergrund rückt und ist unverzichtbar für jeden, der sich nicht nur für den Sinn, sondern auch für die sinnliche Wahrnehmung von Schriftzeichen interessiert.

In geprägtem Ganzleinen gebunden und auf Papier in zwei unterschiedlichen Farben gedruckt, ist der Katalog sehr aufwendig und attraktiv gestaltet. Die in der Ausstellung gezeigten Werke sind ganzseitig abgedruckt, wobei die jeweils gegenüberliegende Seite einer Kurzbiografie und einem Text zu dem jeweiligen Künstler vorbehalten ist. Das gesamte Buch ist zweisprachig, auf Englisch und Deutsch, ausgeführt.

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