Zum 90-jährigen Jubiläum der Gründung des Bauhauses werden in dieser umfassenden,üppig bebilderten Publikation Geschichte und Wirkung der Kunstschule neu betrachtet und bewertet. In dem gemeinsamen Projekt des Bauhaus-Archivs Berlin, der Stiftung Bauhaus Dessau und des Bauhaus-Museums der Klassik Stiftung Weimar, den drei sammlungsführenden Instituten an den ehemaligen Wirkungsstätten des Bauhauses, wird das historische Bauhaus anhand von 68 ausgewählten Hauptwerken eingehend betrachtet und in seiner Rezeption bis in die Gegenwart untersucht. Zur Rezeptionsthematik gehören dabei auch bisher wenig beleuchtete Aspekte wie Bauhaus im Nationalsozialismus, internationale Verbreitung und Kommerzialisierung.
Der Katalog zur Ausstellung der drei großen Bauhaus-Institute Bauhaus Archiv Berlin, Stiftung Bauhaus Dessau und der Klassik Stiftung Weimar gliedert sich in einen Teil über die Geschichte des Bauhauses von 1919 bis 1931 und einen Essayteil, der die Bauhausrezeption behandelt. Unterschiedliche Nuancen des Lichtspektrums bilden die Eingangsseiten zu jedem Eintrag. Hinzu kommt eine Zeitleiste mit Angaben zum größeren historischen Kontext des jeweiligen Jahres und Informationen zur Studentenanzahl, Lehre, Ereignissen und Zitaten des Bauhauses. Abwechslungsreich wechseln sich Bild und Text ab, so dass das Durchblättern zum Augenschmaus wird. Ziel der Ausstellung ist es, den Modell-Charakter des Bauhauses in allen Aspekten aufzuzeigen. «Modell» ist hier doppeldeutig zu verstehen: einerseits modellhaft-vorbildlich, andererseits entwerfend-vorläufig.
Der Essayteil beinhaltet acht Beiträge mit vier bis sechs Seiten, die von der Situation des Bauhauses am Markt, über die Selbstrepräsentation des Bauhauses, über die Rezeption der Bauhaus-Pädagogik hin zum Bauhaus heute reichen. Quintessenz der Essays von Regina Bittner, Ulrike Bestgen und Werner Möller zum Verhältnis von Bauhaus und einer Konsumkultur ist, dass das Bauhaus seit jeher immer mehr Luxus- als Volksgut bzw. Massenprodukt war.
Rainer K. Wick und Gabriele Diana Grawe untersuchen in ihren Beiträgen die Rezeption des Bauhauses hinsichtlich seiner Lehre und kommen zu dem Schluss, dass es hauptsächlich die Bauhaus-Pädagogik, im Detail der Vorkurs und die Einteilung der Klassen in Architektur, Metallwerkstatt, Bildhauerei war, die von verschiedenen Instituten übernommen wurde. Ebenfalls musste festgestellt werden, dass es wieder eine Unterscheidung in Kunstgewerbeschule und Akademie der bildenden Künste gab, dass die von Gropius angestrebte Einheit von bildender Kunst und Handwerk also wieder aufgegeben wurde.
Klaus von Beyme beschreibt in seinem Abschnitt «Bauhaus – Internationalisierung und Globalisierung» den weitreichenden Einfluss des Bauhauses auf seine Schüler und die Welt.
Etwas abseits steht der Abschnitt von Justus H. Ulbricht über den Kampf des Nationalsozialismus gegen das Bauhaus. Die NS-Zeit bildet einen schmerzhaften Bruch in der avantgardistischen Tradition, da die Weimarer Republik zu kurz und die Mehrheit des deutschen Bildungsbürgertums zu wenig aufnahmebereit war, um das Bauhaus dauerhaft in Deutschland zu beheimaten.
Philipp Oswalt stellt im letzten Essay daher die Frage, warum das Bauhaus letztlich so erfolgreich war. Die Antwort sieht er darin, dass das Bauhaus eine maximale Verdichtung der zuvor getrennten künstlerischen Disziplinen in gemeinsamen Projekten darstellte. Es war mehr Experiment als Ideologie und die Ausrichtung des Designs auf den Zweck oder den Gebrauch des Gegenstandes eröffnete ein äußerst ergiebiges Feld zur Verbesserung des alltäglichen Lebens.
Fazit: Der Ausstellungskatalog bildet einen sinnvollen Anfang für die Beschäftigung mit dem Bauhaus und dessen Rezeption. Die Kapitel sind übersichtlich und interessant gehalten, die zugehörigen Bilder sind gut ausgewählt.