Von wegen olle Schinken! Die Kunst der Alten Meister hat auch unseren Kids etwas zu sagen. Das zu beweisen, das ist Susanna Partsch angetreten. Stefanie Handke hat sich ihr Buch angesehen.
»Schau mir in die Augen«, so das Motto der Kunsthistorikerin. Und Albrecht Dürer nimmt das auf, indem er vom Cover auf den Leser schaut und nimmt ihn gleich mit ins Thema. Grundprämisse ist dabei, dass viele Bildelemente alter Meisterwerke heute schwer verständlich sind, schlichtweg weil dem durchschnittlichen Jugendlichen das Hintergrundwissen der Zeitgenossen fehlt. Dem will sie mit ihrem Werk abhelfen.
Die Grundstruktur des Buches ist dabei auf den ersten Blick einfach, aber durchdacht: in insgesamt acht Kapiteln widmet sich die Kunsthistorikerin und Autorin dem Museum, dem Maler oder auch den Techniken der Malerei. Ihnen ordnet sie jeweils Fragen unter, die sie dann ausführlich beantwortet. »Seit wann kennen wir die Namen der Maler?« ist eine dieser grundlegenden Fragen. Hier scheut sich Partsch nicht mit dem Verweis auf die selten genug erhaltenen mittelalterlichen Verträge aufzuwarten, stets mit Beispielen wie hier Bertram von Minden, untermalt. Gleichzeitig nutzt sie selbstverständlich die Gelegenheit auf die Namenlosigkeit einiger Meister zu verweisen, die wunderbare Werke hinterlassen haben ohne sich aber darauf verewigt zu haben und ohne dass Verträge erhalten sind. Ein vollkommener Gegensatz dazu sind natürlich berühmte Zeitgenossen (Partsch nennt etwa Giotto oder da Vinci), denen Biografien gewidmet waren und die sich auch nicht scheuten sich einmal selbst abzubilden.
Auf diese Weise verknüpft sie jede Frage mit Ausführungen zu Museumssammlungen wie der Alten Pinakothek oder der Gemäldegalerie Alte Meister, in denen Werke der besprochenen Künstler hängen, vergisst dabei aber auch die Bildinhalte nicht. Im Grunde genommen wagt sie also den großen Rundumschlag auf durchschnittlich zwei bis vier Seiten (gelegentlich können es auch mal mehr sein). Das könnte schiefgehen, wenn ein weniger versierte Autor dies täte, aber mit Partsch schreibt eine bereits preisgekrönte Jugendbuchautorin. Immerhin erhielt sie für »Haus der Kunst« 1998 den Deutschen Jugendliteraturpreis, mehrere Künstlerbiografien wurden erfolgreich in andere Sprachen übersetzt. Und ihre Versiertheit merkt man dem Buch an, wenn sie auf den ersten Blick simple Fragen ausführlich beantwortet und sich traut solche zu stellen, die man im Museum oder gegenüber anerkannten Experten vielleicht nicht stellen würde: »Gefallen Museumsbesuchern alte Gemälde besser als moderne Bilder?« Auch grundsätzliche Begriffe wie die des Interieurs, der Epoche und anderes erläutert sie in für Kinder und Jugendliche verständlicher Sprache, die aber dennoch nicht zu stark simplifiziert. Und das ist eine Kunst für sich, kennt doch die Rezensentin die Klagen ihres zehnjährigen Neffen über schlecht geschriebene Jugendbücher, die eigentlich Wissen vermitteln möchten, den jungen Leser aber unterschätzen und eine Sprache wählen, von der dieser sich letztendlich nicht ernst genommen fühlt. Partsch hingegen schafft den Spagat zwischen Einfachheit und Anspruch. Das ist löblich und macht Spaß beim Lesen.
Gepaart sind die kurzen und informativen Kapitel mit einem klaren, modernen Layout, das den gezeigten Bildern ihren Raum lässt und es außerdem erlaubt, einfach einmal zu blättern und an einem abgebildeten Werk und der zugehörigen Frage hängen zu bleiben. Überhaupt muss man das Buch nicht in einem Durchgang von vorn nach hinten durchlesen. Die klare Fragenstruktur und Partschs Art, jede Frage nicht nur rein begrifflich, sondern umfassend zu beantworten erlaubt es, dort einzusteigen, wo man gerade möchte. Obendrein verweist bietet das Buch Bildverweise, wenn in einem Abschnitt Werke angesprochen werden, die an anderer Stelle abgebildet sind. Zusätzlich wartet der Band mit einem Glossar und Kurzbiografien der Künstler auf.
Partsch stellt mit ihrem neuen Buch erneut unter Beweis, dass sie die Kunst beherrscht, vermeintlich trockene Themen vor allem für junge Leser anschaulich zu thematisieren. Freilich setzt das ein bereits bestehendes Interesse an Kunst und Kunstgeschichte voraus: ein sportbegeisterter Teenager, dem bereits der Kunstunterricht ein Gräuel ist, wird das Buch wohl kaum in die Hand nehmen. Wen man mit dem Buche erfreuen will, gilt es also zu überlegen, wer aber dieses Interesse hat, der wird mit »Schau mir in die Augen, Dürer!« seine Freude haben.