Immer neue Meldungen über den Schwabinger Kunstschatz und seinen Besitzer, Cornelius Gurlitt, haben in den letzten Monaten nicht nur die Kunstwelt in Atem gehalten. Nun ist der Sammler im Alter von 81 Jahren verstorben.
Wie seine Anwälte mitteilten, verstarb Cornelius Gurlitt am Dienstagvormittag in seiner Schwabinger Wohnung. Aufgrund einer schweren Herzerkrankung befand er sich bereits seit längerem in ärztlicher Behandlung und war bereits operiert worden. Auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin war er in seine Wohnung zurückgekehrt und wurde von Pflegern und seinem Arzt betreut.
Mit dem Tod des Kunstsammlers endet das Betreuungs- und Ermittlungsverfahren, doch die Spekulationen um seine Sammlung gehen weiter. So habe Gurlitt, nach Informationen der Süddeutschen Zeitung, noch vor wenigen Monaten sein Testament gemacht und darin verfügt, dass seine Sammlung zusammenbleiben solle. Seine Sammlung hat er in seinem Testament dem Kunstmuseum Bern vermacht, das sich in seiner Pressemitteilung erfreut zeigte, zunächst aber prüfen will, ob es das Erbe antritt. An deutsche Institutionen habe er sie aus Ärger über die deutschen Strafverfolger nicht vererben wollen. Die noch im April getroffene Vereinbarung mit Bundesregierung und dem Freistaat Bayern bleibt jedoch auch für seine Erben bindend.
Seit bekannt wurde, dass in einer Münchner Wohnung zahlreiche Kunstwerke entdeckt und beschlagnahmt worden waren, stand ihr Besitzer im Focus der Öffentlichkeit. Die Reaktionen auf den Kunstfund und die Zurückgezogenheit ihres Besitzers waren zahlreich und äußerst unterschiedlich: Zu Beginn als Nazi-Verbrecher beschimpft, dem Verdacht der Steuerhinterziehung und der Schmuggelei ausgesetzt, wurden sogar Stimmen nach einer Enteignung laut. Allmählich differenzierte sich das Bild, es zeigte sich, dass vielmehr die Beschlagnahmung fragwürdig gewesen war, jedoch ein Teil seiner Sammlung restitutionsbelastet sei. Der Sammler hatte überdies versichert, dass er solche Werke an ihre rechtmäßigen Besitzer zurückgeben wollte. Schließlich wurde das Verfahren gegen ihn eingestellt. Im April schließlich einigte man sich darüber hinaus auf den weiteren Umgang mit Gurlitts Sammlung und hob die Beschlagnahmung auf.
Cornelius Gurlitt selbst blieb dabei nichtsdestotrotz im Hintergrund: Nach einer regelrechten Jagd auf den Kunstsammler nach Bekanntwerden des Falls und zahlreichen Anfragen verschiedener Medien, ging im Februar dieses Jahres eine von seinen Anwälten betreute Website online, die Informationen zur Sammlung und zu Rechtsfragen, aber auch eine Chronologie des Falls bereitstellte. Er selbst scheute die Öffentlichkeit.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters lobte nun Gurlitts Rolle in der Sache des Schwabinger Kunstfundes: Durch sein Entgegenkommen in der Frage der Provenienzrecherche und seinen Wunsch, Restitutionsansprüche anzuerkennen und ihnen nachzukommen, habe er sich zu seiner moralischen Verantwortung bekannt und »ein beispielhaftes Zeichen für die Suche nach fairen und gerechten Lösungen gesetzt«.
Knapp 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs löste der Fall Gurlitt eine intensive Debatte aus und rückte noch einmal den Kunstraub durch die Nationalsozialisten in den Blick der Öffentlichkeit. Er verdeutlichte die Bedeutung der Provenienzforschung, ohne deren Arbeit eine Restitution belasteter Kunstwerke kaum möglich ist, zeigte aber auch deren Grenzen auf: Zu wenige Forschungsstellen, zu oft bei privaten und damit profitorientierten Unternehmen angesiedelt. Zugleich zeigte er auch die Grenzen des deutschen Rechts auf. Dieses ist in der Regel auf aktuelle Problematiken ausgerichtet, mehr als eine Generation geht es selten zurück. Auch machte man sich jetzt noch einmal klar, wie viel Raubkunst in deutschen Museen und Archiven lagert – der Umgang damit ist nach wie vor ungeklärt.